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10. Herborner Jugend-Schach-Open 2017

Bei der Jubiläumsausgabe des Traditionsturniers gehen die Gernsheimer Jugendlichen mit Mittelplätzen (aber reichlich Preisen!) nach Hause

Am 30. September 2017 jährte sich das mittlerweile sehr etablierte Jugend-Open in Herborn zum 10. Mal. Aufgrund von Terminkollision (der 2. Starkenburger Jugend-Grand-Prix fand zeitgleich in Babenhausen statt) nahmen nur 3 Gernsheimer teil, und zwar Max (U8), Lukas (U10) und Uwe (Betreuerturnier). Wie üblich wurde im 20 Minuten Modus ohne Zeitzuschlag gespielt, wobei in der U8 die neuen, strengeren FIDE Regeln (unmöglicher Zug verliert) nicht zur Anwendung kamen, was natürlich zu begrüßen ist. Die Jugendlichen spielten 7 Runden, während das Betreuerturnier nur über 5 Runden ging.

Max konnte seinen Pokal vom Vorjahr als jüngster Teilnehmer zwar nicht verteidigen (es nahm ein 2012er teil) aber schachlich geht es bergauf, denn nach 1,5 Punkten im letzten Jahr standen dieses Mal ganze 3 Punkte zu Buche. Das tolle Training mit Tobi scheint zu fruchten, insbesondere wenn man nicht ‚Schnipp-Schach‘ oder ‚Superdame‘ spielt. Dies bedeutete für ihn als zweitjüngsten Teilnehmer Platz 17 von 22 – und die Aussicht, beim gleichen Turnier in der U8 noch zweimal ans Brett zu dürfen.

In der vollbesetzten U10 (42 Teilnehmer!) legte Lukas -nicht zum ersten Mal- sehr gut los und holte anfangs auch dank eines Sieges gegen die spätere Tabellenvierte 3/3 und hatte in Runde 4 eine glatte Mehrfigur gegen einen von der DWZ her gleichstarken Gegner. Leider ging erst die Figur und wenig später die Partie verloren. Danach war etwas die Luft raus und 1,5 Punkte aus den letzten 4 Runden bedeuteten den 11. Platz – ganz ok, aber Lukas hatte eine Top 5 Platzierung (also in etwa da, wo er auch gesetzt war) durchaus auf dem Plan. Gewonnen wurde die U10 vom Heusenstammer Raphael Policarpo, der mit seinen 10 Jahren bereits geschmeidige 1600 auf die ELO-Waage bringt.

Partiefragmente konnte ich leider von den Jugendlichen keine ins heimische Chessbase hinüberretten. Aber vom Betreuerturnier sind noch ein paar Sachen hängen geblieben.

Nach zwei Pflichtsiegen folgte der erste Härtetest gegen den Dortmunder Karl-Heinz Hüttemann. Es ging so…ähm…mittel los, denn nach 8.Db3

Hüttemann (2166) – Schupp (2128)

erkannte Uwe messerscharf, dass sich Dame und König röntgenartig gegenüber stehen, so das das prophylaktische 8…Kh8 folgte, nur um nach 9.Lxb7 (ups!) einem gesunden Minusbauern hinterherzulaufen. Nach Verwicklungen im Mittelspiel, bei denen sich das Blatt wendete (der Sb8 kam via c5 in Spiel und fing an die losen weißen Bauern auch mittels e5-e4 zu belästigen geschah in der Hackphase am Ende dies hier:

Der weiße Bauer ist nicht aufzuhalten. Mit noch 45 Sekunden auf der Uhr versuchte Uwe 60…Ke6 und in der Tat griff der Gegner auch zuerst Richtung Dame, nur um dann zu bemerken, dass 61.f8-D natürlich an 61…Ta8# scheitern würde. Also doch lieber 61.f8-S+ mit Remisangebot. Der Gegner hatte noch 18 Sekunden auf der Uhr und natürlich hätte man wohl aufgrund der defensiven Stellung der weißen Figuren Gewinnversuche unternehmen können, zumal mit mehr als doppelter Zeit. Aber natürlich gebot die Fairness nur eines: Aktzeptanz der Punktehalbierung.

In Runde 4 kam es nach leichter Ungenauigkeit von Schwarz zu folgender Stellung nach 8 Zügen und es gilt einen guten Zug für Weiß zu finden.

Schupp (2128) – Schmidt-Gaedke (2079)

Genau. 9.a5 ist stark, denn es droht einfach wie gut 10.a6 mit kreuzgefährlicher Offenlegung der langen Diagonalen h1-a8. Nach 9…Te8 10.a6 rät der Compi bereits zu kompromissloser Strategie wie 10…c5. Es folgte jedoch das menschlichere 10…b6 und nach 11.Se5 fiel zunächst der Bauer c6 vom Brett und wenig später war auch die Partie vorbei, weil die schwarze Dame keine schutzbietende Rückzugsmöglichkeit fand.

In der letzten Runde spielte Uwe gegen ehemaligen Biebertaler Oberliga Spieler Andreas Barth um den Turniersieg. Natürlich ging mal wieder mit Schwarz früh der Bauer b7 verloren (hehe!), allerdings erhält auch hier Schwarz mal wieder Kompensation. Hier ist Weiß am Zug, wie zieht man sich mit Mehrbauern am besten aus der Affäre?

Barth (2193) – Schupp (2128)

Sowohl 20.Lc3 oder auch 20.Lb2 führen zu leichtem weißen Vorteil. Hingegen versuchte Weiß das nur vermeintlich clevere 20.h3 um zunächst den lästigen Springer vom aktiven Feld g4 zu vertreiben. Dummerweise ist aber der Zwischenzug 20…Sxd4 gut. 21.hg funktioniert leider nicht wegen 21…Lxc5 22.Sxc5 Sxe2 und noch vor …Txc5 schlägt der Springer ein weiteres Mal zwischen auf g3 und zwar mit Schach. Nach 21.Txd4 Lf6 verliert Weiß eine Qualität. Erzwungen ist 22.Tad1 Lxd4 23.Txd4 Se5

24.g4 g6 25.gf gf 26.f3 fand Schwarz eine hübsche Vereinfachungsidee.

26…Td8 27.Txd8 Txd8 28.fe

28…f4. Jetzt ist der Lg2 kaltgestellt und auch die weißen Springer haben nur begrenzten Spielraum.

Nach 29. Kf2 Td2 30.Sc3 Tc2 31.S5a4

läßt 31…Le8 die weissen Figuren nicht zum Atmen kommen. 32.Sd5 Lxa4 33. ba Sd3+.

Jetzt ist 34.Kf3 erzwungen (34.Kf1 Tc1#) und nach der Schlagsequenz 34…Se1 35.Kf2 Sxg2 36.Kxg2 Txe2 37.Kf3 Txa2 38.Kf4 Txa4 wurde wenig später diese Stellung erreicht.

Nach dem blitzartig ausgeführten Zug 62.Sb7 droht der a-Bauer zu fallen mit Remisschluss. Jedoch führt 62…Txb7 63.Kxb7 a5 unweigerlich zu schwarzer Metamorphose auf der a-Linie. 0-1 und damit Turniersieg für Uwe.

Der neben Raphael Policarpo andere auswärtige Spieler, der unbedingt erwähnt werden muß, ist der 13-jährige Florian Lesny aus Nieder-Brechen, der Stammlesern unseres Blogs bereits geläufig ist. Er fällt v.a. dadurch auf, dass er -Achtung!- positionelles Schach spielt. Doch, echt jetzt. Und er hat einen starken Kampfgeist und quält die Gegner im Zweifelsfalls bis weit ins symmetrische Bauerendspiel hinein. Seine ELO von rund 2000 ist übrigens vergleichbar mit dem 12-jährigen Magnus Carlsen seinerzeit im Jahr 2002.

Da dieses Jahr die Jubiläumsausgabe des Turniers war durften alle Teilnehmer gleich zweimal auf die Bühne, um sich einen Preis auszusuchen. Und die Auswahl suchte wie immer ihresgleichen. Nur mal als Beispiel: wir nahmen neben einem Pokal noch die Spiele Keltis (sehr einfach, aber sehr cool) und Emira (klingt sehr vielversprechend, aber ist auch hochkomplex; note to self: Gernot gelegentlich bitten, das mal freitags zu erklären) mit. Und jede Menge Stofftiere natürlich. Das alles geht offensichtlicherweise nicht ohne einen sehr großzügigen Sponsor (Rittal).

Ingesamt ein tolles Turnier, das sowohl durch ein exzellentes Preis/Leistungsverhältnis als auch durch das Einhalten eines stringenten Zeitplans besticht. Der SK Gernsheim kommt 2018 gerne wieder. Bericht vom Veranstalter samt Bildern und Tabellen findet ihr hier.

-ewu