2. Mannschaft Mannschaften

Zweite siegt deutlich gegen Mörlenbach 2 – Bericht vom 3. Spieltag

Nach dem überraschend deutlichen 6-2 gegen den klaren Favoriten Freibauer Mörlenbach 2 muss sich die Zweite allmählich an den Gedanken gewöhnen, dass das ursprüngliche Ziel ‚Nichtabstieg‘ womöglich zu konservativ gewählt war.

Machen wir uns nichts vor: alle Welt von Klein-Rohrheim bis Biebesheim und von Allmendfeld bis Eich spricht nur über ein Thema: den überragenden Sieg der Ersten gegen die zugegebenermaßen sehr starken Dettinger. Total ungerecht. Der Sieg der Zwoten gegen Mörlenbach 2 hätte mindestens ähnliche Aufmerksamkeit verdient, denn wir waren nominell glatt unterlegen und zwar nahezu an allen Brettern. Wie haben wir das geschafft? In der Tat sah es zwischendurch beim Stand von 1-2 und einigen unklaren Positionen nicht nach einem Kantersieg aus

Verraten wir mal am Anfang nicht zuviel, sondern schauen gleich aufs vierte Brett, wo Markus M. ausgangs der Eröffnung einzwei Ungenauigkeiten beging, aber nie ernsthaft in Verlustgefahr war.

In der abgebildeten Schlussstellung sieht die Dose Schwarz zwar noch mikroskopisch im Vorteil, aber m.E. ist die Stellung für Weiß kerngesund. Der Doppelbauer wiegt mindestens das Läuferpaar auf und der Lg7 ist erstmal gut aus dem Spiel genommen. Sicherlich Geschmackssache, aber nach Abtausch der Türme und dem dann möglichen  21. Lxd5 präferiere ich bereits die weißen Steine. Markus entschied sich für das Remisangebot, was zu diesem Zeitpunkt in Ordnung ging, da die Lage an allen Brettern noch offen war. 0,5 – 0,5.

Das zweite Kurzremis gab es an Brett 7, wo Carl-Friedrich sich erfolgreich den gegnerischen Angriffsbemühungen widersetzen konnte. Kritisch war die Partie nur an einer Stelle, und da blenden wir uns mal ein, da man was lernen kann.

In dieser Allerweltsstellung, die bereits alle möglichen Weltmeister mit beiden Farben auf dem Brett hatten, zog Carl das unverfänglich aussehende 8. … a6, was zwei verschiedene Systeme auf ungesunde Weise miteinander vermischt, nämlich den Halbslawen (mit der Bauernstruktur e6-d5-c6 und einem auf der Torlinie stehen bleibenden Weissfelder auf c8) und den Chebanenko-Slawen, wo eben jener Läufer auf jedes legale und sinnvolle Feld auf der h3-c8 Diagonalen zieht, weil der Bauer e7 seinerseits hinten bleibt. In dieser Lage macht a6 Sinn, weil sich gewitzte Schwarzspieler mal überlegt haben, dass man den nach z.B. Lf5 alleine gelassenen Bauern b7 nach Db3 ja auch einfach mit Ta7 decken könnte. Darüber hinaus hat Schwarz auch oft Ideen mit b7-b5. In der Diagrammstellung bringt 8. … a6 die Stellung des Schwarzen leider nicht voran. Im Gegenteil: Weiss hätte mit der sofortigen Spielöffnung mittels 9. e4 dxe4 10. Sxe4 Sxe4 11. Dxe4 Sf6 12. Dh4 eine Position erreichen können, die natürlich noch nicht gewonnen ist, aber doch eine 90%-ige (!!) Erfolgswahrscheinlichkeit verspricht laut Datenbank. Sehr bald sind alle weißen Figuren gegen den schwarzen Monarchen in Stellung gebracht, während die schwarzen Pläne unklar bleiben. Der Vollständigkeit halber sei noch gesagt, dass 8. … e5 oder auch Züge, die dies vorbereiten, wie … dxc4 oder auch … De7 oder … Te8 in der Diagrammstellung angesagt sind. Nach 8. … a6 spielte der Gegner das schablonenhafte 9. b3 und die Partie endete wenig später Remis. 1-1.

Einen rabenschwarzen Tag erwischte Kevin an Brett 1 gegen den allerdings auch stärksten Mörlenbacher. Nach Kevins gewohnt eigenwilliger Eröffnungsbehandlung hätte der Gegner bereits ausgangs der Eröffnung gewinnen können. Seht Ihr das schöne geometrische Manöver?

Kevin hatte gerade das natürlich aussehende 15. … Db6 gezogen, wofür allerdings aufgrund der unkoordinierten schwarzen Figuren keine Zeit bleibt. Daher waren Läuferzüge nach f5 oder g4 angesagt, um den Sf8 (und damit auch den traurigen Th8 flott zu kriegen). Letzterer ist nämlich nach dem hübschen 16. fxe5 fxe5 (16. … dxe5 17. d6+ nebst 18. Sxf6) 17. De1 das Problem. Das Eindringen der Dame via g3 oder h4 ist nicht zu verhindern und die Dose gibt bereits das Verzweiflungsopfer 17. … Sg6 als einen der favorisierten Züge. Und der Rest der Partie? Hier müssen wir Wittgenstein zitieren: ‘Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen’. 1-2. Weiter geht’s, Kevin.

Kaum zu glauben, aber aus den verbleibenden 5 Partien holten wir ganz erstaunliche 100%, wie gesagt: gegen fast durchweg bessere Gegnerschaft, auch wenn bisweilen Fortuna eher ein Gernsheimer Trikot anhatte. Aber Glück hat ja bekanntlich nur wer? Eben. Und wer war tüchtig (was die Verkomplizierung einer an sich mäßigen Stellung angeht)? Genau. Der Markus (W).

Auch hier gab es kurz nach der Eröffungsphase in für Markus ungewohntem Stellungstypus eine schwierige Entscheidung zu treffen, die leider daneben ging. Im Diagramm ist die Partie streng genommen bereits vorentschieden, aber Markus riss mit dem letzten Versuch 21. … Sf3+ alle Brücken hinter sich ab. Nach 22. gxf3 (22. Kh1 is schwach, es folgt Le5 nebst Sg3+ und baldigem Matt auf h2) 22. … Dxh3 droht stark … Le5. Daher 23. f4 Sxf4 24. Lxf4 Txf4. Diese Stellung solltet Ihr mal aufbauen, also machen wir das doch mal. Bevor Ihr unter dem Diagramm weiter lest: Weiss hat nur zwei Züge, die nicht verlieren. Bis DWZ 2000 dürft Ihr die Figuren bewegen; falls Ihr mehr habt, dann nicht. 10min Zeit. Los.

Die sehr offensichtliche Drohung ist ja 25. … Tg4+ mit Damengewinn, was bei verbleibenden ungleichfarbigen Läufern für Weiss natürlich Matt bedeutet. Einziger Zug, der die weißen Gewinnchancen aufrecht erhält, ist das dringende Herbeirufen eines weiteren Verteidigers mittels 25. Ta3. Nach der forcierten Variante 25. … Tg4+ 26. Tg3 Txg3 27. fxg3 Ld4+ 28. Tf2 Dxg3+ 29. Kf1 bleibt Schwarz nur noch das deutlich schlechtere Endspiel nach 29. … Lxf2 30. Dxf2 Dxf2 31. Kxf2, welches kaum zu halten ist.

Doch nochmal zurück zum vorvergangenen Diagramm. Der zweite Zug, der in ein remisliches Endspiel mündet ist die Ablenkung 25. Le6. Das kann man sich als Weisser deswegen leisten, weil man ja einen ganzen Turm mehr hat. Nach dem erzwungenen 25. … Dxe6 galt es noch den einzigen Zug 26. Ta3 (ja, wieder der) zu finden. Schwarz hat nen Bauern für die Qualle und die Farbwahl ist Geschmackssache. In der Partie fand Weiss 26. Ta3 nicht, sondern versuchte das Feld g4 mittels 26. f3 zu verteidigen, was nebenbei die zweite Reihe für die Dame freiräumt. Dummerweise öffnet dies die Diagonale g1-a7. Nach 26. … Ld4+ 27. Kg2 und einigen weiteren Zügen verwandelte Markus sicher zum 2-2.

Den Führungstreffer schoss Robin mit Weiss an Sechs. Aus einem Sizilianer wurde irgendwie eine Franzosen-Struktur mit dem Schönheitsfehler, dass der falsche schwarze Läufer vom Brett subtrahiert wurde. Entsprechend fand der gegnerische König nie wirkliche ein sicheres Plätzchen. Wie konnte sich Robin das zu Nutze machen und die entscheidende Umgruppierung finden?

Richtig. Das wichtige Feld d4 hat Weiß ungefähr 27 Mal unter Kontrolle, weshalb man über eine Besserstellung eigener Figuren nachdenken kann. 26. Sg5 forciert 26. … h6 und nach dem hübschen 27. Se4 wird sehr bald ein weisser Rössel auf d6 auftauchen.

Wir spulen mal kurz vor.

Springer steht auf Traumfeld, Dame ist auf dem Damenflügel eingedrungen: Mission accomplished? Fast, wenn Robin jetzt die Stellung mit 31. Sd4 oder auch 31. Da5 verstärkt hätte, hätte die Partie wohl nicht mehr lange gedauert, denn bei genauer Betrachtung erkennt man, dass Schwarz im Zugzwang ist. Wie auch immer: das ungenaue 31. bxa4 übersieht die Gabel nach 31. … Sb4, was der Gegner (Zeitnot?) glücklicherweise nicht sah. So also wenig später: 3-2.

Uwe musst an Brett Zwo gegen einen langjährigen Bundes- und Oberligaspieler ran. Im Holländer passierte lange wenig. Beide patzten jeweils nur einmal. Uwes Fehler in folgender Stellung blieb ungesühnt:

Schwarz hatte grade 20. … Sc6-b8 gespielt mit der Idee, den Springer via d7 entweder nach c5 oder nach f6 hin auf saftigere Wiesen zu überführen. Die einfache Annahme des Bauernopfers mit 21. Lxb7 war angesagt. Uwe gefiel nicht, dass nach 21. … Ta7 22. Le4 (der d3 hängt) Sxe4 23. Sgxe4 der wichtige Fianchettoläufer fehlt. Was offensichtlich beiden Spielern aber entging, war, dass man den Läufer ja auch z.B. mit 22. Lg2 zurückbeordern konnte, denn 22. … Lxd3 scheitert an der Gabel 23. Se6. Nach 23. … De7 24. Sxf8 Lxb1 25. Sxh7 usw. geht Weiss mit einem gesunden Mehrbauern und dem Läuferpaar frohen Mutes mit ‘plus 2’ ins Endspiel. Wie gesagt, nichts passiert. Im weiteren gelang es Schwarz nicht, weitere Drohungen gegen den weissen König aufzubauen und in bereits schwieriger Stellung folgte der Klopps. In der Diagrammstellung zog Schwarz das schwache 31. … g4. Wie gewinnt Weiss jetzt?

32. Lxd6 und die schwarze Stellung fällt aufgrund der Fesselung des Bc7 auseinander. Der Tf8 und der Bc7 hängen. 32. … Tc8 scheitert an 33. Dxg4 wonach Tc8 und Be5 hängen. Auf 32. … Te8 folgt stark 33. c5. Schwarz zog 32. … Dg6 und nach 33. Lxf8 war der Rest eine Frage der Technik. Der Schluss war in der Tat ganz hübsch. Es ist der 41. Zug, ihr habt alle Zeit der Welt und könnt die Partie kurzfristig beenden. Wie?

Ja, 41. c5 ist einfach, aber stark. Das beste war noch 41. … Lxc5 42. Txc7. Jetzt muss der schwarze König immer in der Nähe des Bb5 bleiben, da immer das Opfer Txc5 droht und auch der Läufer ist auf c5 an den Bb6 gebunden. Weiss kann also nach Belieben am Königsflügel Bauern vorschieben. Nach wiederum 41. … bxc5 folgt 42. b6 und die schwarze Bastion fällt auseinander. In der Partie geschah 41. … Ke6. Jetzt gewinnen einige Züge, aber 42. c6 beendet sofort. Die Schlussstellung verdient nochmal ein Diagramm aufgrund des Zugzwangs.

Läuferzüge verlieren den Bauern c7, Königszüge scheitern an Txd6 nebst Metamorphose des Bauern c6. Daher gab Schwarz auf und wir führten 4-2.

Das Siegtor schoss Martin W. an Brett 8, was das einzige Brett war, an dem wir Favorit waren. Im Diagramm ist die Stonewallstruktur deutlich erkennbar.

Da ich keinerlei Ahnung von dem Kram hab enthalte ich mich. Bei Fragen —> Better call Emery. Ich glaube, ich habe mal gelesen, dass man c5 anstreben sollte, weshalb b6 eine Idee sein könnte. Wie auch immer: in der Partie kam Schwarz auf den anderen Zentrumsdurchbruch, aber 12. … e5 ist leider keine gute Neuerung in der Stellung. Nach dem Generalabtausch auf e5 und d5 landete Schwarz in einem strukturell sehr schwierigen Mittelspiel und wie Martin ab da weiterspielte, verdient höchste Beachtung, denn Schwarz kam nie wieder zurück in die Partie. Im nächsten Diagramm zeigte sich Martin auch taktisch voll auf Ballhöhe. Er hatte grade listig 28. T1c2 gespielt. Nichts ahnend zog der Gegner 28. … Ke5. Wie ging die Partie zu Ende?

Genau. 29. Txd7 erlaubt ein bekanntes taktisches Motiv, denn egal welchen Turm Schwarz schlägt, Weiss nimmt auf jeden Fall einen anderen. Und 29. … Txc2 mit der Idee Schach auf c1 und … Sd2 mit Gewinn des Lf1 scheitert am Zwischenschach 30. Sf3+ Ke6 31. Txd8, denn jetzt ist das Feld d2 gedeckt. Coole Partie mit ganz wenigen weißen Fehlern. Cui honorem, honorem. 5-2.

Den schönen Schlusspunkt setzte Jens ans Brett drei. Hier beginnen wir mit einem Sehtest, da ich weiss, dass Ihr schon länger keinen mehr gemacht habt. Was ist der Unterschied, sofern es einen gibt, zwischen dieser Stellung…

…und dieser?:

Wer nach 20 Minuten immer noch keinen entdeckt hat, sollte das Aufsuchen eines Ophthalmologen unbedingt in Erwägung ziehen. Hehe. Also, das erste Diagramm zeigt eine Stellung aus dem Tschigorin-Spanier mit 9. … Sa5, wie es in der Schachgeschichte tausendfach bereits vorkam. Das zweite Diagramm zeigt Jensens Partie, in der der Zug … h6 eingestreut wurde (der weisse Läufer ging via c4 nach b5 am Anfang der Partie, weshalb das ganze tempo-technisch hinkommt).

Passt … h6 zur Stellung oder nicht? Mir ist das ganze nicht vollkommen klar. Auf der einen Seite wird keine Leichtfigur nach g5 gelassen, aber als ich das vor 30 Jahren mal gesehen und gespielt habe, war glaube ich die Idee eher, mit g7-g6 das Feld f5 zu kontrollieren und nebenbei Platz für eine Leichtfigur auf g7 zu schaffen. Wie auch immer, die Partie kippte hier:

Weiss hätte dringend das Feld d4 überdecken müssen, entweder mit 25. Le3 oder auch 25. … Lb2. Nach 25. a3 bxc3 26. Sxc3 Sd4 wird Schwarz sehr schnell aktiv. Wenig später wurde die Partie faktisch hier beendet (auch wenn sich das ganze noch laaange hinzog) und zwar mit einem schönen taktischen Kniff.

Gesehen? 31. … Txc3 gewinnt glatt eine Figur. Schöner Sieg und damit 6-2.

Wir sind damit Dritter und weiter geht’s am 11. Dezember 2016 in Bad Soden gegen den Tabellenzweiten. Bis dahin sollte das neue Saisonziel klarer definiert sein.

Die Einzelergebnisse findet Ihr auch nochmal schön übersichtlich hier: http://hessen.portal64.de/ergebnisse/show/2016/633/runde/3/