1. Mannschaft

8. Spieltag: Offenbach 1 – Gernsheim 1

 

Erste bleibt nach klarem Sieg in Offenbach vorne und hat den Oberliga-Aufstieg in der eigenen Hand

Na, das nennt ich mal Rehabilitation. Oder wie das heißt. Hehe. Nachdem wir am letzten Spieltag fast alle neben der Spur waren (oder teilweise, um im Bild zu bleiben, sogar entgegengesetzt der Fahrtrichtung  gefahren sind) hat es am letzten Spieltag wieder deutlich besser geklappt, und zwar bei fast allen. Also gehen wir doch direkt in medias res.

 

Peter an Brett 4 hatte den kürzesten Arbeitstag, nachdem der Engländer doch ein oder zwei Leichtfiguren zu viel vom Brett ließ und Peter sogar in der Schlussstellung minimal besser stand. Da wir über ein Kurzremis reden ist es schwierig den einen komplexen Zusammenhang rauszugreifen. Wie wärs, wollen wir mal kurz die Theorie anschauen und die Neuerung beleuchten in Ermangelung anderer tiefgründigen Reizpunkte der Partie? Na gut. Nach 9. cxd5 Sxd5 stand es so:

Wir haben es offensichtlich mit einem Engländer zu tun. Wenn Schwarz nochmal dran wäre, würde er was machen? Eben. 10. … Lf6 mit der Drohung allerhand Holz vom Brett zu nehmen. Insbesondere der Le7, der derzeit eher wenig zu tun hat, würde sich in diesen Stellungstypen lieber heute als morgen gegen den Kollegen auf b2 tauschen, denn wie oft ging man als Schwarzer in solchen Stellungen schon auf g7 Matt? Also, wie kann man das verhindern? Genau. Gar net. Also muss man andere Möglichkeiten suchen. Der mit Abstand meist gespielte Zug in der Stellung ist 10. Sxd5 (u.a. von Carlsen gespielt, kann also nicht komplett schlecht sein). Nach 10. … Lxd5 (10. … Dxd5 geht auch, während das schwächere exd5 dem Weißen den Aufmarschplan mittels d3 und e4 gestattet) 11. Dc2 kann Schwarz natürlich trotzdem noch 11. … Lf6 spielen, aber jetzt kann Weiß einige Tempi bei der Entwicklung gewinnen, während unklar bleibt, wohin der schwarze Sb8 sich entwickeln soll. Zum Beispiel: 12. Lxf6 Dxf6 13. e4 Lb7 14. e5 Dg6 (14. … Dh6) 15. Dxg6 hxg6 16. d4. Viel ist es nicht, aber schon angenehmer für Weiß, nicht? Infinitesimal besser, und der Hauptzug in der Datenbank, ist 11. … Sd7, wenn auch die Unterschiede echt gering sind denke ich. Wie auch immer: auf jeden Fall war das lahme 10. Te1 nicht indiziert, denn es ist nicht klar wo der Turm eigentlich eine Zukunft hat (auf e1 eher nicht). Nach 10. … Lf6 11. Dc2 Sxc3 12. dxc3 hatte Schwarz keine Probleme. 0,5-0,5 wenig später. Wie? Ihr findet das alles todlangweilig? Ey, ich hab Euch doch mehrfach oben gewarnt! Und da ich zu jeder Partie was sagen will, bleibt mir echt nix anderes übrig. Ok, ab jetzt wird es graduell kurzweiliger (aber nein, bis es richtig spannend wird, dauert es noch).

Den ersten vollen Punkt holte Uwe. Auch diese Partie muss man eigentlich nicht besprechen (zumindest hüllen wir über den Teil, wo der Gegner eine Figur weggestellt hat aus Pietätsgründen den Mantel des Schweigens). Aber wir können ja etwas über Technik fabulieren. Also, irgendwann stand es wie im nachfolgenden Diagramm. Schwarz hat nur einen Bauern für die Figur und Uwe setzte mit 16. Sc3 fort, was ein gesunder Tempo-Entwicklungszug ist und nach 16. … Te7 17. Le3 kommen die Puppen geschwind raus. Der Partie war in der Tat auch sehr bald zu Ende, aber es wäre noch etwas schneller gegangen. Wie?

Es ist ja oft so, dass wenn man zwei Züge bereits seit längerem am Ende eines Abspiels im Kopf hat, die man hintereinander machen will, dass man da nicht mehr groß drüber nachdenkt. Aber oft lohnt es sich zu fragen, ob es nicht auch anders herum Sinn macht. So auch hier. Mit 16. Le3 (anstatt 16. Sc3) hätte Uwe die Partie schnell(er) beenden können, denn je nach dem, wo die Dame hingeht folgt entweder 17. Sc3 mit Gabel oder 17. Sd2 nebst Df3 und der verirrte Te2 muss leider unter die Dusche. So oder so. 1,5 – 0,5.

So, ab jetzt wird es interessanter. Martin kam an Brett 8 zum Einsatz und zeigte, dass er taktisch nach wie vor voll auf Ball Höhe ist, sofern man ihn lässt. Das folgende empfiehlt sich auf dem Brett aufzubauen und nachzuspielen. Also, Du bist Deutschland, äh, Martin, und als Schwarzer am Zug. Weiß hat bereits einige Male ungenau gespielt und ging zuletzt devot mit Sf3-g1 zurück in den Stall. Mit 1,5 entwickelten Figuren (denn den Lh2 kann man nicht ganz rechnen) konnte das ganze nicht gut gehen für Weiß, oder?


Richtig, alle schwarzen Klötze spielen mit oder können unmittelbar ins Kampfgeschehen eingreifen. Da man das von den Weißen nicht behaupten kann, kann es hier nur eins geben: voll druff. 16. … Lxf2 17. Kxf2 g3+ 18. Lxg3 (18. Ke1 (Kf1) gxh2 ist nicht viel anders zur Partie) hxg3 19. Ke1 d5 (macht die Mitte auf) 20. exd5 exd5 21. Sa5 Sxa5 22. bxa5 Dc5 (drohend Df2 matt) 23. Dd2 und hier gewinnt alles, aber Martin fand den schönsten und besten am Brett: 23. … Se4 und egal ob Weiß den schlägt oder nicht, die Partie ist sofort zu Ende. Schönheitspreis geht damit ungefährdet an Martin, sehr schön. 2,5 – 0,5.

Jetzt passierte erst mal ne ganze Zeit lang was? Genau. Also, mal ein bissel rumschauen, was so los war. Am meisten sicher bei Robert, der an Brett 4 auch mit einem gutem Offenbacher zu tun hatte. Nachdem die Eröffnungsphase (‘I did everything to avoid a Sicilian, and after a few moves, what did we get? A Sici…incredible!’) und der positionelle Teil der Partie an den Gegner gingen, machte Robert einfach das, was er meist in kritischen Phasen tut: das Brett anzünden. Wie hätte er bereits hier als Weißer die Partie beenden können?

Schwarz hatte grade mittels 21. … Tac8 die Drohung … Dxc3 nebst Lxh1 aufgestellt. Das musste offenkundig bedient werden, was Robert auch mittels 22. Th3 umgehend tat. Das erstaunliche 22. hxg6 beendet die Partie jedoch kurzfristig. Die erste Option, die einem in den Sinn kommt, ist natürlich 22. … Dxc3+ 23. Kb1 Lxh1. Schwarz hat einen ganzen Turm mehr und Weiß nur einzigen Zug, der reicht, nämlich das kräftige 24. gxf7++ (Doppelschach!). 24. … Kxf7 ist nach 25. Dxe6 sofort Matt, während 24. … Kh8 nach wiederum 25. Dxe6 noch nicht einmal Schach ist, aber Schwarz hat keine Möglichkeit das erstaunliche 26. Tg8+ nebst Matt abzuwehren. Die zweite Alternative bestand in 22. … hxg6 und erst jetzt ist 23. Th3 (also einen Zug später als in der Partie) richtig kräftig. Das schwarze Schlagen auf c3 ist jetzt tabu, aber jetzt droht obendrein noch weißes Dh5 (das Feld, auf dem eben noch der Bauer stand) nebst Matt im Eck. Ich erspare mir mal die Debatte, ob das alles eine Computervariante ist, oder ob man das hätte ich sehen können. Ich hätts sicher nicht gesehen. Robert gewann über Umwege trotzdem und sicherte damit den komfortablen 3,5 – 0,5 Zwischenstand.

Wieder geschah länger nichts, aber Frank W. stand schon seit einiger Zeit deutlich besser. Mit Weiß ist er ja eine unserer stärksten Waffen, insbesondere dieses Jahr. Raumvorteil aus der Eröffnung hatte er inzwischen erfolgreich in das Läuferpaar transformiert. Nach kleiner Kombi, die einen Bauern gewann, stand er hier bereits deutlich besser. Ihr habt 30 Sekunden um die Gewinnkombi durchzurechnen. Na gut, eine Minute weil Ihr es seid!

Ok, ich gebs zu. Und Frank auch. Das ganze ist nebenlösig. Aber der beste (und schönste Zug) ist natürlich 27. Lxh6 gxh6 (alles andere verlängert den Schmerz nur unnötig) 28. Dxh6+ Kg8 29. Dxe6+ Kf8 30. Tc3 Sd5 31. Tg3 und das ganze wird schnell Matt. Schön, Frank. 4,5 – 0,5.

Die nächste Nicht-Entscheidung fiel ganz vorne. Und das Maxi das noch gerettet hat – not bad! Schaut Euch mal das Dilemma an:

Die meisten weißen Figuren haben eine ziemlich klar definierte Aufgabe, als da wären Kd3 (Freibauer aufhalten), Sh3 (dito), Td1 (dumm in der Gegend rumstehen). Einzig der Tc7 hinterlässt einen guten Eindruck. Natürlich ist auch der schwarze Lh2 kein Aktivposten, aber der greift immerhin was an. Die schwarzen Türme sind passiv, lassen aber den Mops auf d4 immer gefährlich erscheinen. Darüber hinaus hat der schwarze König die klare Idee via Infiltrierung am Königsflügel seinem Leben mehr Sinn zu verleihen. Zu allem Überdruss hat Schwarz bereits geraume Zeit einen Bauern mehr. Mit 33. Ta7 auf die schwarzen Bauern losgehen war meine erste Idee. Allerdings darf man Schwarz nicht die c-Linie überlassen, denn mittels Tc8(6) droht stark Tc3 und der Bd4 setzt sich in Bewegung. Den Turm mittels Tc1 auf ein besseres Feld stellen wäre auch denkbar, aber dann kann Schwarz schon über Aktivität am Königsflügel nachdenken. Was also tun?

Richtig. Das Thema ist ‘Matt dem schwarzen König’. War schwer, oder? 33. f5+ ist ein echter Hammer. Nach 33. … Kh6 (33. … Kh5 bot mehr Chancen auf Vorteil, aber wer würde schon freiwillig in das mögliche Mattnetz reinlaufen?)  geht es frech mit 34. Th1 Lg3 weiter und jetzt musstet ihr 35. Sf4 noch finden, was endlich den blödstehenden Springer aktiviert, denn 35. … Lxf4 scheitert 36. Txh4+ Kg5 37. Tch7 und das Matt ist nicht zu verhindern. Darauf hatte Schwarz natürlich keine Lust und entschied sich für die Remisschaukel 35. … T8d7 36. Tc8 Td8 37. Tc7 mit Remis. Der Compi glaubt übrigens, dass 35. … T6d7 noch Aussicht auf minimalen Vorteil bietet, was ich allerdings in der Tat für keine menschliche Annahme halte, denn der Springer, der bald auf d5 auftauchen wird, macht doch einen guten Eindruck, nicht? Also Remis und somit 5-1.

Als nächstes ging die Partie von Emery zu Ende. Der hatte als Schwarzer im Franzosen zu einer heftigen Neuerung gegriffen und gar nicht Emery-Like mit frühem … g5 alle Brücken hinter sich abgerissen. Tiefer im Mittelspiel hat er darüber hinaus dem Gegner noch ein Bäuerlein auf a2 stibitzt. Wie hätte der Gegner das hier beinahe ausgenutzt?

Yo, obwohl das Feld d5 etwa drei Millionen Mal gedeckt ist, ist 27. d5 ein sehr kräftiger Zug. Egal wie ihr nehmt, ihr verliert entweder nach 28. Lh3 die Qualle oder müsst euch nach 28. b5 der Linienöffnung am Damenflügel erwehren. Der Compi sagt zwar, es geht grade noch so, aber ich wette, jeder von Euch nimmt ohne zu fragen lieber die weißen Klötze. Ich übrigens auch. Weiß trieb den König mit anderen Mitteln auf die andere Brettseite aber bei beiderseits knapper Zeit einigte man sich schließlich auf eine Zugwiederholung. Remis und 5,5-1,5.

Frank R. hatte die undankbarste Aufgabe des Tages. Während nahezu alle Gernsheimer davon profitierten, dass Offenbach nicht in der allerbesten Aufstellung antrat, musste Frank gegen einen bis dato Unbekannten antreten, und nach wenigen Zügen war klar, dass die Gegner hier etwas Großkalibriges aus dem Hut gezaubert hatten. Der hatte in der Tat wie sich hinterher rausstellte Zwozwo Elo. Frank stand die ganze Zeit etwas gedrückt und irgendwann sagte einer in die Stille, Frank habe einen Bauern eingestellt. Hatte er aber gar nicht, wie eine genaue Betrachtung ergab. Schauts Euch an:

Also, ihr habt grade 5 Sekunden auf das Diagramm geschaut, und was spielt ihr? Genau. Das hätte ich auch gemacht, denn 20. … Sh5 ist ja vollkommen natürlich, oder? Springergabel und schön den Schwarzfelder in die Figurenkiste, wo ja das schwarze Pendant schon lange wartet, Nach 21. Tg5 Sxf4 22. Dxf4 sieht ja auch alles prima aus. Nur, schaut jetzt nochmal aufs Brett, und zwar ein paar Minuten lang, und ihr werdet feststellen, dass Schwarz glatt auf Verlust steht. Erstens droht 23. Lxh7 mit Matt in wenigen Zügen in allen Varianten, z.B. nach 23. … Kxh7 24. Dxf7 Tg8 25. Dh5++. Zweitens schauen alle verbliebenen weißen Figuren auf den schwarzen König, während viele schwarze Klötze eher auf der falschen Brettseite stehen. Schach ist komisch, oder? Man kann es vielleicht damit erklären, dass das obige Manöver halt auch den einzigen wirklichen Verteidiger (nämlich den Sf6) abtauscht. Frank entschied sich für 22. … f6, was nach 23. Tg3 (es droht gemein 24. Dh6) 23. … Sf8 erzwingt und nach 24. Dxf6 war der Bauer weg. Der war jedoch nicht eingestellt, wie viele dachten (siehe oben), sondern er musste bereits gespuckt werden. Nach gut 10 weiteren Zügen war die Partie vorüber. Kopf hoch, Frank, nach über 2 Jahren darf man in der Hessenliga auch mal wieder verlieren. Endstand 5,5-2,5.

Summa summarum haben sowohl wir als auch der FTV also die gleiche Anzahl Mannschaftspunkte (14, da wir beide je sieben Mal gewonnen und nur einmal verloren haben) aber 2,5 mehr Mannschaftspunkte (40,5 versus 38) als die Frankfurter vom TV. Mit anderen Worten: ein 6-2 Sieg gegen unsere Nachbarn von Griesheim 2 und wir wären auf jeden Fall durch. Auch ein 4,5-Sieg würde reichen, sofern der FTV nicht höher als 6,5 gegen akut vom Abstieg bedrohte Gelnhausener gewinnt.

Wir sehen uns also am 24. April 2016 auf der zentralen Schlussrunde in Bad Nauheim. Bis dahin.