1. Mannschaft

1. Mannschaft bleibt nach dem klaren Sieg gegen den Tabellenzweiten aus Dettingen auf Oberligakurs

Ich spar mir mal das ganze Blabla von wegen wir sind ja der Aufsteiger und nur zu Gast in der Hessenliga etc. Lest dazu einfach die Einleitung der letzten beiden Berichte. Hehe. Fakt ist, dass wir nach dem deutlichen Sieg gegen den bisherigen Tabellenzweiten Dettingen jetzt nicht nur einen ganzen Mannschaftspunkt sondern auch jede Menge Brettpunkte Vorsprung haben. Heisst, wir dürften uns sogar zumindest einen kleinen Ausrutscher leisten und wären trotzdem noch weit vorne. Aber so weit denken wir erstmal nicht, sondern bleiben mal bei den Fakten: wir sind als einzige Mannschaft noch verlustpunktfrei, haben bei bislang 24 Partien erst zwei Niederlagen zu verzeichnen und haben jeden Kampf mehr oder weniger deutlich mit mindestens 5 Brettpunkten gewonnen. Darüber hinaus zeigt ein neutraler Blick auf die Tabelle, dass uns dies gegen zwei Gegner aus der oberen Tabellenhälfte geglückt ist, während unser (nach dem dritten Spieltag) engster Verfolger aus Bad Homburg bislang nur knappe Siege und ein Unentschieden gegen Mannschaften vom Tabellenende zu verbuchen hat. Wir sind also definitiv angekommen in der Hessenliga und, wer weiss, vielleicht geht ja wirklich was. Aber zunächst mal zu dem, was letzten Sonntag so ging. Um es kurz zu machen: allerhand!

 

Wir spielten zum ersten Mal komplett, dass heisst mit Frank W. an Brett 8. (Das allein zeigt übrigens nochmals, was uns so stark macht: Frank hatte vor wenigen Jahren noch locker über 2100 Wertungszahl – damit ist er an Acht natürlich meist klarer Favorit). Er liess es gemütlich angehen im Reti mit Doppelfianchetto gegen einen Damengambit-Aufbau. Der Gegner spielte es ok wie ich fand und versuchte erstmal den oft extrem nervigen weissen Lb2 vom Brett zu bitten, und zwar mittels Sd7 und Lf6. Hier war sicherlich alles drin für uns, auch wenns immer erstmal sehr langweilig aussieht.

Uwes Gegner hatte nach der harschen Niederlage letztes Jahr grosse Motivation und Theoriekenntnisse im Pirc mitgebracht. Früh flogen die Damen vom Brett und mit Uwes König in der Mitte steckte der Gegner bereits im 7. Zug einen Bauern ins Geschäft. Mit dem war allerdings nicht viel anzufangen, denn er war Teil einer traurigen 3er Kombo auf der f-Linie, und Schwarz musste natürlich aufpassen, dass die nicht wie reife Früchte nacheinander vom Baum…äh vom Brett purzeln würden. Huch, schon machte sich ein Turm via d1-d5 auf den Weg nach f5. Unklar, ob Uwe a) die Theorie kennt und b) dem Druck standhalten würde können.

Dann doch lieber schnell ans nächste Brett, wo Frank R. einen gepflegten Sizi aufs Parkett legte, inkl. dem Standardrhythmus mit f4, g4-g5 und jeder Menge schwerem Zeug auf der h-Linie. Das sah gut aus und Konsensmeinung war, dass wir bald das Einsnull schiessen würden. Juhuu!

An Brett 5 musste Robert im Halbslawen eine eher unangenehme Partieöffnung via weissem e3e4 hinnehmen, was dem tendenziell besser Entwickelten (yo, Weiss) natürlich hilft. Darüber hinaus standen sich röntgenmäßig der Td1 und die schwarze Dd7 gegenüber und nur getrennt durch weissen Bauer auf d4 und schwarzem Läufer auf d6, was der Gegner durch unangenehmes c4-c5 auszunutzen suchte. Wenn jetzt b6xc5 so würde natürlich d4xc5 den jetzt gefesselten Ld6 gewinnen. Gut nur, dass Robert natürlich taktisch voll auf Ballhöhe war und diesen vorwitzigen Bauern mittels direktem Ld6xc5 vom Brett komplimentierte, denn Fesselungen funktionieren ja auch umgekehrt. Fällt hier gleicht das Zwonull? Eher nicht, denn bis der Mehrbauer anfängt zu rennen müssen erst noch viele viele Klötze vom Brett.

Peter kam an Vier in diesen Möchtegernfranzosen, der aus der Durchzugsvariante im Caro-Kann entsteht, ihr wisst schon, frühes dxc5 und so. Ich konnte damit noch nie was anfangen, und bin regelmäßig erstaunt wenn es auf GM-Level gespielt wird, aber wer bin ich? Naja, Peter weiss natürlich was er tut und so müssen wir uns hoffentlich sowohl um Peter, als auch um seinen jetzt alleine auf e5 wohnenden Bauern (der d4 Bauer fiel ja gerade auf c5 vom Brett) nicht allzu viele Gedanken machen. Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich Peters Gegner zum ersten Mal im August 1984 (kein Tippfehler!) bei der Deutschen U12 in Kerpen bei Köln getroffen hab? Aber lassen wir die alten Geschichten und schauen lieber ein Brett weiter nach links.

Dort sass Ingo im gewohnten Sozin-Sizi, den er ja aus dem Effeff kennt. Immer wenn ich das seh muss ich an die unzähligen Fischer Partien denken, die er mit dem frühen Lc4 gewonnen hat. Sah in den Partien vor 40 Jahren ganz leicht aus und sah auch am Sonntag wieder ungemein leicht aus. Trotzdem war natürlich auch der Gegner auf dem Brett vollkommen ortskundig und ein kurzfristiges überrumpeln mit oder auch ohne Reingehacke auf e6 stand erstmal nicht auf dem Programm. Aber da Ingo ja quasi nie verliert, hatten wir zumindest in diese Richtung keinerlei Sorgen.

Auch bei Emery gab es gewohnte Hausmannskost, und so kam er zwar mit neuem Auto zum Spieltag aber mit sehr alter Eröffnungswahl daher. Ich hab ja keine Ahnung vom Stonewall, aber bin um so mehr immer wieder begeistert wie man das positionell überleben kann. Und Emery hatte es schon wieder geschafft. Ein Trick ist wohl nicht auf Biegen und Brechen den Lc8 abtauschen bzw. den guten Ld6 zwingend behalten zu wollen. Beide wurden also erstmal nicht zum Duschen geschickt und statt das Spiel mit dem allfälligen Hebel c6-c5 anzugehen (hab ich glaub beim Jussupow mal gesehen) kam der Gegner selber auf Idee den Damenflügel aufzumachen. Emery schien davon allerdings kaum geschockt. Fängt da nicht schon der erste weisse Bauer an schwach zu werden?

Was bei Maxi passiert ist krieg ich leider nicht mehr komplett zusammen. Ich weiss nicht mal mehr die genaue Eröffnungsreihenfolge. Und da ich ja die Artikel meißt tippe ohne die Partien zu haben komm ich aus der Nummer auch nicht mehr raus. Hehe. Also, ich erinnere mich an etwas Entwicklungsnachteil, eine halboffene f-Linie auf der Maxis Dame auf f6 zum stehen kam, und einen König in der Mitte, während Weiss bereits kurzrochiert und eine halboffene d-Linie zu bieten hatte und noch dazu bereits zu f2-f4 griff. Also, entweder mit der Dame zurück Richtung f7 und g8 (würg!) oder mit e5xf4 das Zentrum aufmachen bei unrochiertem König (doppelwürg!). Maxi entschied sich für den Rückwärtsgang und hatte nach geschätzt 15 Zügen nur zwei Figuren, die nicht auf der achten Reihe standen. Kennt man in der Form nur von Uwe. Hehehe.

Peter beschloss, dass die Stellung nicht soo viel hergab für ihn, verabschiedete sich kurzer Hand vom Stolz seiner Stellung, nämlich dem Ld3. Nach Sxd3 nahm er natürlich nicht mit einer Figur wieder sondern mittels cxd3 und schwupps hatte er nicht nur ein schönes Feld zum manövrieren auf d4, sondern konnte bei Bedarf wen decken? Eben, den potentiellen Schwächling auf e5. Auf der jetzt offenen c-Linie standen zwar jede Menge schwarze Figuren, die fünf bzw. neun Punkte Wert waren, aber die wurden nach und nach einfach runter getauscht. Leistungsgerechtes Remis nach etwas mehr als zwei Stunden. 0,5-0,5.

Ingo konnte diesmal in der Tat nichts zählbares generieren. Immer mehr Figuren purzelten vom Brett und es blieben nur noch Schweres, je fünf Bauern und der Weissfelder, wobei Ingos Majorität noch weit hinten stand und der weisse Bauer auf f4 wohl nicht wirklich zum Mauerbrecher werden würde. Hingegen harmonierte der schwarze Läufer gut auf c6 mit den eigenen Bauern auf b7 und a6 und das kennt man ja selbst nur zu gut: dieser Läufer nervt insbesondere dann, wenn man nicht mehr f2-f3 spielen kann und schaut also via g2 ziemlich unverfroren nach h1 zum dort wohnenden König. Also, schnell gedanklich umschwenken und Remis machen. So geschehen. Doof war eigentlich nur, dass es bereits das zweite Weissremis war und wir also eventuell mit Schwarz was holen würden müssen. 1-1.

Frank W. erzielte dann den 2-1 Führungstreffers per direktem Freistoss. Bei der letzten Einblendung stand ja ein schwarzer Springer auf d7 (und auch einer auf b4, das müsst ihr mir jetzt glauben) und Franks Dame auf d2. Was genau bei der Planung von Schwarz schief lief konnte ich leider nicht erfragen, aber so oder so: nach dem einfachen dxc5 hing nicht nur der besagte Sd7 sondern auch sein Bruder auf b4. Einer der beiden fiel vom Brett, Franks Dame war nicht gefangen aber wir zwoeins vorne. 2-1.
Wie Maxi seine, na sagen wir mal etwas unorthodoxe (ok, streicht das bitte und ändert in: komplett kranke) Aufstellung noch rettete kommentierte er selber als `seeeehr` glücklich. Details hab ich nicht gesehen, aber Maxi entkam ins Remis. 2,5-1,5.

Jetzt passierte für erstaunlich lange Zeit erstmal genau…gar nix, und somit gingen vier Partien in die Verlängerung. Nirgendwo war es richtig klar, ausser bei vielleicht Emery, denn der hatte bereits den zweiten Bauern auf die Habenseite gestellt.

Eingekreist von Franks sorgte Uwe etwas überraschend für den ersten Punkte aus den noch laufenden vier Partien. Der Gegner konnte die Initiative am Königsflügel weiter ausbauen, denn genau dort war Uwes Bauernstellung doch arg kariös. Die Partie blieb jedoch noch lange in der Remisbreite bis, ja bis der Gegner den einen Turm nach h6 und den anderen nach d2 stellte, von wo aus er den Bg2 deckt, den Uwe vorher mit Tg8 angegriffen hatte. Jetzt machte sich der vorderste der Trippelbauern auf den Weg mit f4-f3, und da Weiss den nehmen musste, wurde das Feld f4 geräumt, so dass Le5-f4 eine Qualle gewann. Es war noch eine Menge Arbeit nötig, denn Weiss bekam einiges an Spiel inkl. Bauern auf h7 und (!) d7 gedeckt durch einen Lf5, aber Schwarz fand einen Weg. Etwas unverdient, Remis wäre wohl gerecht gewesen, aber da Uwe in den ersten beiden Runden ja sage und schreibe 1,5 Punkte einfach so liegen hat lassen, ist das wohl schon ok. Ausgleichende Gerechtigkeit und so. 3,5-1,5.

Am ehesten hätte ich aber auf Emery an Brett 2 gesetzt. Nicht nur, dass er zwei Bauerneinheiten mehr hatte, die keinen Kontrahenten mehr vor sich hatten, sondern Emery ist ja an sich auch ein guter Techniker. Heute aber hat der Gegner halt auch klug verteidigt, in dem er mittels Abtausch der Läufer ins Turmendspiel abwickelte und die schwarzen Freibauern waren in der Tat noch relativ weit hinten auf a7 und c6. Emerys König konnte auch nicht unterstützend zum Damenflügel rennen, da sonst die weisse Initiative am Königsflügel zur Entfaltung gekommen wäre. Remis und damit 4-2.

Den noch fehlenden halben Punkt zum Mannschaftssieg holte Frank R. Der machte es sich schwerer als nötig, denn die an sich schöne Angriffsstellung hätte er wahrscheinlich einfach weiter locker verstärken können. Stattdessen stellte er kurz vor der Zeitkontrolle seine Dame auf ein etwas passives Feld genannt g1 und ab da übernahm der Gegner die Initiative. Frank behielt im folgenden Turmendspiel aber jederzeit den Überblick und mit Türmen und jeweils h-Bauern auf dem Brett sah der Gegner ein, dass weitere Gewinnversuche zwecklos waren. 4,5-2,5. 

Für den vielleicht etwas zu hohen Fünfeinhalb Sieg sorgte Robert, der, wir erinnern uns, frühzeitig einen Bauern gewann. Aber Robert wäre nicht Robert, wenn er das einfach nachhause schieben würde. Also wurde die taktische Keule ausgepackt und um den 40. Zug, als seine Dame nach h3 eindrang, dachten die meisten, dass es das für uns war, aber der Gegner setzte nach dem frühen Einsteller beeindruckend viel entgegen und wenig später roch es schon wieder nach Remis. Ich nehme mal an, dass es auch der knappen Bedenkzeit geschuldet ist, dass Robert den weissen König am Damenflügel doch noch zur Rede gestellt hat. 5,5-2,5.

Weiter gehts schon in knapp zwo Wochen in Wiesbaden. Sollten wir auch dort nicht unter die Räder kommen gehen wir also wirklich als Herbstmeister der Hessenliga in die Winterpause. Bleibt uns gewogen.